Der Wunderbaum, Rizinus oder lat. Ricinus communis L gehört zur Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae). In den gemäßigten Klimazonen erreicht die einjährige Pflanze unter optimalen Bedingungen eine Höhe von ein bis sechs Meter. In tropischem Klima kann der Wunderbaum als mehrjährige Pflanze wachsen und erreicht dann Höhen von über 12 Meter, was durch eine Verholzung des Stammes ermöglicht wird. In gemäßigten Klimazonen ist der Stängel stark verzweigt und hat eine rötlich bis grünliche Farbe.
Die Laubblätter sind zwischen 30 und 100cm groß, dunkelgrün, oder sogar rötlich und handförmig geteilt. Die Blattstiele sind lang gestielt, gezähnt, 5-11 läppig und auf der Unterseite mit Drüsen bestückt.
Die Pflanze bevorzugt einen humus- und nährstoffreichen Boden, welcher durchlässig ist (keine Lehmschichten etc.). Im Wachstum benötigt die Pflanze ausreichend Feuchtigkeit und Temperaturen über 20 Grad Celsius (Tropischer Sommerregen von Vorteil), kann aber nach einer bestimmten Wachstumsphase auch Dürrezeiten überstehen.
Die Frucht kommt ursprünglich aus Afrika oder Indien, wo sie auch Teil der Schmuckkultur ist. Bereits im Alten Testament wird die Pflanze erwähnt. Dank ihrer Anpassungsfähigkeit ist sie auch in dem europäischen Klima anzutreffen und dient hier vermehrt als Zierpflanze. Weltweite Anbaugebiete zur Ölherstellung finden sich in Indien, USA, Europa und Südamerika. Hauptproduzenten ist Indien und Brasilien.
Die Pflanze blüht in Europa von August bis Oktober. Sie trägt ca. 35cm lange traubige bis rispige Blütenstände. Männlich Blüten sind gehäuft unter den endständigen weiblichen Blüten anzutreffen, was die Gesamtblüte als gemischtgeschlechtig, oder monözisch, einteilt. Nach der Befruchtung bilden sich stachelige, ca. drei cm große, rote Schließ-/Spaltfrüchte aus, welche ausgeworfen werden. Heutig angebaute Kultursorten werfen die Samen nicht aus, um einen Verlust bei der Ernte zu reduzieren. Je nach Sorte, Klima und Bodenbeschaffenheit kann von einem Ertrag zwischen 500-2000 kg ausgegangen werden. Die Früchte sind traubenförmig angeordnet und ähneln dem Erscheinungsbild einer Kastanienfrucht.
Bei der Ernte werden die Früchte per Hand geerntet und anschließend getrocknet. Die Trocknung lässt die Schale der Frucht platzen und gibt die drei darin enthaltenen Samen frei. Jeder Samen wiederrum hat die Form einer Bohne mit einer Breite von 6-9mm und einer Länge von 8-14mm. Die rötlichbraunen bis silbrigen Samen sind marmoriert und glänzend.
Je nach Sorte und Größe der Bohnen kann ca. von folgendem Gehalt ausgegangen werden: 45% Öl; 20% Protein, 18% Rohfaser und Asche. Die Samenschale enthält das giftige Protein Rizin, welches nur durch Hitze deaktiviert werden kann. Trotz der späteren Erhitzung des Öles werden vor dem Pressen die Schalen entfernt. Je nach gewünschter Qualität gibt es drei Herstellungsmethoden: Kalt-Warmpressung und die Extraktion mit organischen Lösungsmittel.
Bei der Kaltpressung werden die Samen ohne Zufuhr von Wärme gepresst. Bei der Warmpressung werden die Samen vor dem Pressen oder während des Pressvorgangs erhitzt. Die Ausbeute kann so im Vergleich zur Kaltpressung deutlich erhöht werden. Der verbleibende Presskuchen enthält noch ca. 10% Öl und kann weiter mit organischen Lösungsmittel extrahiert werden. Der Öl Anteil kann mit diesem Verfahren auf bis zu <1% reduziert werden. Ist das organische Lösungsmittel entfernt, so verbleibt ein Öl von reduzierter Qualität. Der Presskuchen dient als Dünger oder wird durch spezielle Verfahren weiter zu Tierfutter verarbeitet (Entfernung von Rizin ist essentiell).
Anders als bei Herstellung der meisten Öle muss jede Qualitätsstufe des Öls (auch das der Kaltpressung) raffiniert werden, um das giftige Rizin zu entfernen. Das Öl wird entschleimt, entsäuert, mit Wasserdampf behandelt und zentrifugiert mit dem Ziel der Entfernung von schädlichen Proteinen und Wasser. Wird ein besonders reines Öl gewünscht, so kann das Öl mit Zusätzen gebleicht werden um eine helle Farbe zu erreichen. Mit speziellen Hitzeverfahren kann sogar der leicht krautig, holzige Geruch entfernt werden.
Das viskose Rizinusöl besteht zu 75% aus Triricinolein, einem Triglycerid, welches chemisch gesehen eine ungesättigte Fettsäure (Ricinolsäure) und eine Hydroxygruppe besitzt. Diese chemischen Gruppen lassen neben dem enthaltenen Glyeringrundgerüst eine Vielzahl an chemischen Reaktionen zu.
Das Rizinusöl hat eine weitgehend temperaturabhängige Viskosität bei hoher Temperaturbeständigkeit. Es ist nicht destillierbar und neigt bei über 250 Grad Celsius zur Zersetzung. Seine Dichte ist mit 0,96 g/ml erstaunlich hoch, was sich in einer hohen Viskosität zeigt (ca. 100mPas). Zusätzlich weist das Öl eine hohe Polarität auf und ist gut in Ethanol und Ether löslich.
In der Technik wird es aus diesem Grund als Zusatz bei Schmiermitteln im Maschinenbau, Verbrennungsmotoren oder Düsentriebwerken eingesetzt. Wird das Triricinolein alkalisch gespalten, so kann über gewisse Modifikationen die Sebacinsäure gewonnen werden, welche als Ausgangsprodukt für die Herstellung von Polyamiden oder Weichmachern in der Kunststoffindustrie eingesetzt wird.
Das Öl besitzt ein gutes Eindringvermögen in die Hornhaut und bildet dort einen mechanischen Schutz gegen Waser und hydrophile Schadstoffe. Ein Austrocknen der Haut wird so reduziert, wodurch empfindliche Stellen wie Narben oder kleine Fissuren besser ausheilen. Rizinusöl wird deshalb auch als Emolliens genutzt, also ein Stoff, der die Haut weicher und geschmeidiger macht.
In der Pharmazie wird das Öl ggf. mit Ethanol gemischt und bei Schuppen, Altersflecken, Hämorrhoiden und Narbenbildung verwendet. Auch in der Kosmetikindustrie nutzt man die Vorteile und setzt das Öl bei Haarpflegemitteln, Badeölen und Haarbrillantien (auch Augenwimpern) ein.
Durch die hohe Polarität und Viskosität wird das Öl als Wirkstoffträger bei der medizinischen Anwendung am Auge eingesetzt. Der Wirkstoff verbleibt somit länger am Auge und fließt nicht zu schnell ab. Zusätzlich zu diesem Depoteffekt kann das Öl problemlos über 100 Grad Celsius erhitzt werden, was zusätzliche Konservierungsmittel in den Augentropfen überflüssig macht. Aus diesen Gründen wird das Öl auch als Zusatz oder sogar Träger von Arzneistoffen bei einigen Parenterale verwendet.
Oral eingenommenes Rizinusöl wird im Dünndarm zu Rizinolsäure verarbeitet, welche eine antiabsortive und sekretagoge Wirkung aufweist. Zusammen mit den Gallensalzen und der damit einhergehenden Kontraktion des Dünndarms kommt es zum Erweichen des Stuhls, was in einer abführenden Wirkung resultiert. Rizinusöl wird deshalb bereits seit mehreren Jahrhunderten als Abführmittel eingesetzt. Da die Wirkung zeitlich sehr unterschiedlich einsetzt, nicht bei Störung der Fettverdauung und zusätzlich reizend auf den Verdauungstrakt wirkt, findet heute keine Anwendung mehr statt. Besonders in der Schwangerschaft und Stillzeit wird von diesem Abführmittel abgeraten, da es Wehen auslösen kann. Neuere Abführmittel können besser dosiert werden und haben weniger Nebenwirkungen.
Rizinussamen gelten als Allergen und können einen Asthmaanfall auslösen. Die Samen und die Blätter sind selbst toxisch und sind bereits in geringen Dosen letal.
Das Öl ist auch unter folgenden Synonymen zu finden: Castor oil, Christuspalmenöl, Palmachristiöl, Kastoröl, oleum ricini virginale.
Produktdetails
Qualitäten: | 1. Pressung, dehydriert, EP, BP, FSG, hydriert, kaltgepresst kbA, kaltgepresst Ph. Eur., raffiniert DAB/Ph. Eur., raffiniert, raffiniert EP, raffiniert USP, sulfatiert, virgin Ph. Eur. |
---|---|
CAS Nummer: | 8001-79-4 |
Herkunftsland: | Indien |
Mindesthaltbarkeit: | 16 Monate |
Aggregatzustand: | flüssig |
Gebinde: | Kanister, Fässer, IBC |
INCI: | Ricinus Communis Seed Oil |
EINECS: | 232-293-8 |
Lagerung: | kühl, trocken, lichtgeschützt, in geschlossenen Gebinden lagern |
Ihre Ansprechpartner